Marie von Ebner-Eschenbach
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Alles wird uns heimgezahlt, wenn auch nicht von denen, welchen wir geborgt
haben.
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Als eine Frau lesen lernte, trat die Frauenfrage in die Welt.
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Alt werden heißt sehend werden.
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Am Ziel Deiner Wünsche wirst du jedenfalls eines vermissen: Dein Wandern zum
Ziel.
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An das Gute glauben nur die Wenigen, die es üben.
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An Rheumatismen und an wahre Liebe glaubt man erst, wenn man davon befallen
wird.
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Anmut ist ein Ausströmen der inneren Harmonie.
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Arme Leute schenken gern.
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Auch das kleinste Licht hat sein Atmosphärchen.
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Ausdauer ist eine Tochter der Kraft, Hartnäckigkeit eine Tochter der Schwäche,
nämlich - der Verstandesschwäche.
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Ausnahmen sind nicht immer Bestätigung der alten Regel; sie können auch die Vorboten einer
neuen Regel sein.
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Beim Wiedersehen nach einer Trennung fragen die Bekannten nach dem, was mit
uns, die Freunde nach dem, was in uns vorgegangen.
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Bescheidenheit kriecht aus demselben Loch wie die Eitelkeit.
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Das Alter verklärt oder versteinert.
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Das eilende Schiff, es kommt durch die Wogen wie Sturmwind geflogen. Mit Jubel
verkünden die Stimmen gar viele: Wir nahen dem Ziele! Der Fährmann am Steuer
nur stöhnt leise: Wir segeln im Kreise!
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Das Gemüt bleibt jung, solange es leidensfähig bleibt.
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Das gibt sich, sagen schwache Eltern von den Fehlern ihrer Kinder. O nein! Es
gibt sich nicht. Es entwickelt sich.
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Das ist eine arme Frau, die nichts mehr zu geben hat, wenn sie sich hingegeben
hat.
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Das meiste haben wir gewöhnlich in der Zeit getan, in der wir meinten, nichts
getan zu haben.
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Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.
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Das Tüttelchen Wahrheit, das in mancher Lüge enthalten ist, das macht sie furchtbar.
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Das unfehlbarste Mittel, Autorität über die Menschen zu gewinnen, ist, sich
ihnen nützlich zu machen.
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Dass soviel Ungezogenheit gut durch die Welt kommt, daran ist die
Wohlerzogenheit schuld.
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Dauernde Freundschaft kann nur zwischen Menschen von gleichem Wert bestehen.
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Dem großen Publikum ist ein Buch nicht leicht zu schlecht, sehr leicht aber zu
gut.
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Den Menschen, die große Eigenschaften besitzen, verzeiht man ihre kleinen
Fehler am schwersten.
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Der ans Ziel getragen wurde, darf nicht glauben, es erreicht zu haben.
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Der Dirne Neugier leistet Magddienste der Dirne Geschwätzigkeit.
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Der Geist einer Sprache offenbart sich am deutlichsten in ihren unübersetzbaren Worten.
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Der Gescheitere gibt nach! Ein unsterbliches Wort. Es begründet die Weltherrschaft
der Dummheit.
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Der größte Feind des Rechtes ist das Vorrecht.
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Der Hass ist ein fruchtbares, der Neid ein steriles Laster.
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Der Klügere gibt nach. Eine traurige Wahrheit, sie begründet die
Weltherrschaft der Dummheit.
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Der Künstler versäume nie, die Spuren des Schweißes zu verwischen, den sein Werk gekostet
hat. Sichtbare Mühe war zu wenig Mühe.
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Der Mann ist der Herr des Hauses. Im Hause soll aber nur die Frau herrschen.
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Der Maßstab, den wir an die Dinge legen, ist das Maß unseres eigenen Geistes.
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Der Ruhm der kleinen Leute heißt Erfolg.
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Der Umgang mit einem Egoisten ist darum so verderblich, weil die Notwehr uns
allmählich zwingt, in seine Fehler zu verfallen.
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Der Verstand kann ein Held sein, die Klugheit ist meistens ein Feigling.
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Der Weise ist selten klug.
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Der Witz ist ein brillanter Emporkömmling von zweifelhafter Abstammung.
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Der Zufall ist die in Schleier gehüllte Notwendigkeit.
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Die eingebildeten Übel sind die unheilbarsten.
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Die Frau, die ihren Mann nicht beeinflussen kann, ist ein Gänschen; die Frau,
die ihn nicht beeinflussen will - eine Heilige.
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Die Frau verliert in der Liebe zu einem ausgezeichneten Manne das Bewusstsein
ihres eigenen Wertes. Der Mann kommt erst recht zum Bewusstsein des seinen
durch die Liebe einer edlen Frau.
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Die Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins.
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Die glücklichen Pessimisten! Welche Freude empfinden sie, sooft sie bewiesen
haben, dass es keine Freude gibt.
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Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
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Die Großen schaffen das Große, die Guten das Dauernde.
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Die größte Gewalt über einen Mann hat die Frau, die sich ihm zwar versagt, ihn
aber in dem Glauben zu erhalten weiß, dass sie seine Liebe erwidere.
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Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
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Die kleine Seligkeit, ohne Widerspruch angehört zu werden, kosten alle gerne
bis zur Neige aus.
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Die kleinsten Sünder tun die größte Buße.
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Die Kraft verleiht Gewalt, die Liebe leiht Macht.
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Die Laster sind untereinander näher verwandt als die Tugenden.
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Die Liebe hat nicht nur Rechte, sie hat auch immer recht.
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Die Liebe überwindet den Tod - aber es kommt vor, dass eine kleine üble
Gewohnheit die Liebe überwindet.
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Die Männer sind auf allen Gebieten die Führenden, nur auf dem Weg zum Himmel
überlassen sie den Frauen den Vortritt.
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Die meiste Nachsicht übt der, der die wenigste braucht.
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Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen.
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Die meisten Nachahmer lockt das Unnachahmliche.
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Die meiste Nachsicht übt der, der die wenigste braucht.
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Die Menschen der alten Zeit sind auch die der neuen, aber die Menschen von
gestern sind nicht die von heute.
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Die Menschen, denen wir eine Stütze sind, geben uns Halt im Leben.
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Die Moral, die gut genug war für unsere Väter, ist nicht gut genug für unsere
Kinder.
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Die öffentliche Meinung ist die Dirne unter den Meinungen.
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Die Reue treibt den Schwachen zur Verzweiflung und macht den Starken zum
Heiligen.
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Die Summe unserer Erkenntnis besteht aus dem, was wir gelernt, und aus dem,
was wir vergessen haben.
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Die verstehen sehr wenig, die nur das verstehen, das sich erklären lässt.
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Die wahre Ehrfurcht geht niemals aus der Furcht hervor.
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Die Welt gehört denen, die sie haben wollen, und wird von jenen verschmäht,
denen sie gehören sollte.
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Die Wortkargen imponieren immer. Man glaubt schwer, dass jemand kein anderes
Geheimnis zu bewahren habe als das seiner Unbedeutendheit.
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Du kannst so rasch sinken, dass du zu fliegen meinst.
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Du wüsstest gern, was deine Bekannten von dir sagen? Höre, wie sie von Leuten
sprechen, die mehr wert sind als du.
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Ein Aphorismus ist der letzte Ring einer langen Gedankenkette.
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Ein Dichter, der einen Menschen kennt, kann hundert schildern.
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Ein Gedanke kann nicht erwachen, ohne andere zu wecken.
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Ein göttlicher Gedanke kommt allein.
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Ein Mann, der sich im Gespräch mit einer Frau widerlegt fühlt, fängt zugleich
an, sie zu überschreien: Er will und kann beweisen, dass ihm immer, auch wenn
er falsch singt, die erste Stimme gebührt.
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Ein Merkmal großer Menschen ist, dass sie an andere weit geringere
Anforderungen stellen als an sich selbst.
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Ein stolzer Mensch verlangt von sich das Außerordentliche. Ein hochmütiger
Mensch schreibt es sich zu.
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Ein Urteil lässt sich widerlegen, ein Vorurteil nie.
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Ein wahrer Freund trägt mehr zu unserem Glück bei, als tausend Feinde zu
unserem Unglück.
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Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.
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Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde - alle dummen Männer.
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Eine stolz getragene Niederlage ist auch ein Sieg.
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Eine ungeschickte Schmeichelei kann uns tiefer demütigen als ein
wohlbegründeter Tadel.
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Eine Vernunftehe schließen, heißt in den meisten Fällen, alle seine Vernunft
zusammenzunehmen, um die wahnsinnigste Handlung zu begehen, die ein Mensch
begehen kann.
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Eltern verzeihen ihren Kindern die Fehler am schwersten, die sie ihnen selbst
anerzogen haben.
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Es darf so macher Talentlose von dem Werk so manches Talentvollen sagen: Wenn
ich das machen könnte, würde ich es besser machen.
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Es fällt uns sehr schwer, denjenigen, der uns bewundert, für einen Dummkopf zu
halten.
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Es gehört weniger Mut dazu, der allein Tadelnde, als der allein Lobende zu
sein.
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Es gibt Fälle, in denen vernünftig sein, feig sein heißt.
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Es gibt Frauen, die ihre Männer mit einer ebenso blinden, schwärmerischen und
rätselhaften Liebe lieben wie Nonnen ihr Kloster.
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Es gibt kein Wunder für den, der sich nicht wundern kann.
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Es gibt keine schüchternen Lehrlinge mehr, es gibt nur noch schüchterne Meister.
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Es gibt Menschen mit leuchtendem und Menschen mit glänzendem Verstande. Die
ersten erhellen ihre Umgebung, die zweiten verdunkeln sie.
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Es gibt wenig aufrichtige Freunde - die Nachfrage ist auch gering.
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Es ist schlimm, wenn zwei Eheleute einander langweilen. Viel schlimmer jedoch
ist es, wenn nur einer von ihnen den anderen langweilt.
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Es schreibt keiner wie ein Gott, der nicht gelitten hat wie ein Hund.
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Es würde sehr wenig Böses auf Erden getan werden, wenn das Böse niemals im
Namen des Guten getan werden könnte.
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Fortwährendem Entbehren folgt Stumpfheit ebenso gewiss wie übermäßigem Genuss.
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Frieden kannst du nur haben, wenn du ihn gibst.
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Ganz aufgehen in der Familie heißt, ganz untergehen.
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Gebrannte Kinder fürchten das Feuer oder vernarren sich darein.
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Geistlose kann man nicht begeistern, aber fanatisieren kann man sie.
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Grobheit ist geistige Unbeholfenheit.
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Haben und nichts geben ist in manchen Fällen schlechter als stehlen.
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Hoffnungslose Liebe macht den Mann kläglich und die Frau beklagenswert.
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Ihr jubelt über die Macht der Presse - graut euch nie vor ihrer Tyrannei?
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Je mehr du dich selbst liebst, je mehr bist du dein eigener Feind.
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Jeder Mensch hat ein Brett vor dem Kopf - es kommt nur auf die Entfernung an.
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Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun.
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Kinder haben ist die beste Erziehung für die Eltern.
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Läufer sind schlechte Geher.
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Liebe ist Qual, Lieblosigkeit ist Tod.
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"Man kann nicht allen helfen", sagt der Engherzige und hilft keinem.
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Man muß sein Glück teilen, um es zu multiplizieren.
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Menschenverachtung: ein Panzer, der mit Stacheln gefüttert ist.
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Mitleid ist Liebe im Negligé.
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Nur der Denkende erlebt sein Leben, an Gedankenlosen zieht es vorbei.
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Sobald eine Mode allgemein geworden ist, hat sie sich
überlebt.
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Nichts ist erbärmlicher als die Resignation, die zu früh kommt.
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Nichts wird so oft unwiederbringlich versäumt wie eine Gelegenheit, die sich täglich bietet.
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Ob zwei Leute gut getan haben, einander zu heiraten, kann man bei ihrer silbernen Hochzeit
noch nicht wissen.
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Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält.
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Respekt vor dem Gemeinplatz! Er ist seit Jahrhunderten aufgespeicherte Weisheit.
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Sei deines Willens Herr und deines Gewissens Knecht.
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Sich mit wenigem begnügen ist schwer, sich mit vielem begnügen unmöglich.
- So mancher meint, ein gutes Herz zu haben, und hat nur schwache Nerven.
- Solange es
mehr faule als fleißige Menschen gibt, bleibt der sozialistische Staat eine
Utopie.
- Überlege einmal, bevor du gibst, zweimal, bevor du annimmst und
tausendmal, bevor du verlangst und forderst.
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Vaterlandsliebe ist erweiterte Familienliebe.
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Vervollkommnung deiner selbst erreichst du nur durch Unzufriedenheit mit dir
selbst.
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Viele Worte sind lange zu Fuß gegangen, ehe sie geflügelte Worte wurden.
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Was andere uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns.
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Wenn die Neugier sich auf ernsthafte Dinge richtet, dann nennt man sie Wissensdrang.
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Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.
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Wer an die Freiheit des menschlichen Willens glaubt, hat nie geliebt und nie gehasst.
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Wer in die Öffentlichkeit tritt, hat keine Nachsicht zu erwarten und keine zu fordern.
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Wer nichts weiß, muß alles glauben.
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Wir sind so eitel, dass uns sogar an der Meinung der Leute, an denen uns nichts liegt,
etwas gelegen ist.
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Wir unterschätzen das, was wir haben, und überschätzen das, was wir sind.
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Wir werden vom Schicksal hart- oder weichgeklopft. Es kommt auf das Material an.
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Wo die Eitelkeit anfängt, hört der Verstand auf.